Am
24.11.2011 stellte das Gericht fest, daß einige ggf.
beitragspflichtige Grundstücke nicht in die Beitragspflicht
einbezogen worden sein könnten.
Durch die
Nichteinbeziehung von Grundstücken würden die Kosten pro qm
beitragspflichtiger Fläche unzulässig steigen, da alle Kosten auf die
Gesamtfläche beitragspflichtiger Grundstücke umgelegt werden.
Oder simpel ausgedrückt:
je mehr Anlieger und Grundstücke veranlagt werden, desto
kleiner fällt der "einzelne" Beitragsbescheid in der
Summe aus.
Sind
tatsächlich nicht alle Grundstücke erfasst worden, zahlt der Teil der Anlieger welcher
beitragspflichtig erfasst wurde, den Beitragsanteil
der nichtveranlagten Anlieger mit.
Soweit, so schlecht, so
rechtswidrig.
Es
stellte sich weiter heraus, daß private Grundstücke zwar als
beitragspflichtig eingestuft wurden, diese Beiträge aber von
der Gemeinde übernommen wurden. Hier stellen sich einige Fragen
zur grundsätzlichen Kostenverteilung.
Es dürfte neben dem Umfang der Erfassung der Grundstücke (Oberverteilung)
ebenfalls zu klären sein, warum zahlreiche Grundstücke
einerseits zur
Beitragspflicht veranlagt wurden, andererseits deren Kosten von
der Gemeinde
komplett übernommen wurden.
Dieser
Gesichtspunkt wurde allerdings nicht weiter erörtert;
nicht weil die Kläger nicht vorzutragen hätten, sondern
weil das Gericht einen mündl. Vortrag nicht wünschte, nicht
zuließ -das Gericht erklärte, durch den schriftlichen Vortrag
informiert zu sein.
Gegenständlich
einer mündlichen Erörterung ist aber das "für und
wider" einer Sachlage, nicht die Kenntnisnahme eines
Schriftvortrags.
Denn
dann könnte man sich die mündl. Erörterung/Verhandlung gleich
sparen!
In
einer Erörterung geht es einzig und alleine um die Darstellung
aller Facetten eines Sachverhaltes, gerade auch aus dem
Blickwinkel der Kläger. Und es geht um die Information der
"beisitzenden, ehrenamtlichen Richter".
Im
Regelfall erhalten die "ehrenamtlichen Richter oder
Beisitzer " den
Sachvortrag als Essenz, also die Information aus Sicht des Gerichtes -einen Einblick oder gar derer Blicke mehrere in die Akten,
erhalten die ehrenamtlichen Richter nicht.
Um aber alle Facetten aufzunehmen, gehört die Bereitschaft des
Gerichtes und der beisitzenden Richter sich mit den Standpunkten
auseinanderzusetzen. Wird den Parteien aber nicht erklärt, in
"welche" Richtung das Gericht zum
Einen, und zum Anderen "warum" tendiert, zeigt das Gericht -kein Interesse- an einer Erörterung.
Wie
wichtig eine mündliche Erörterung ist zeigt folgendes Beispiel
-anhand des vorliegenden Falles.
Thema:
Beitragspflichtige Grundstücke ohne Beitragszahlung des
Anliegers.
Die Kosten werden zwar erfasst, die private Beitragszahlung
übernimmt jedoch die Gemeinde.
Dieses
Verhalten bedarf aus mehreren Gründen der Klärung:
1. Bevorteilung:
Werden Anlieger so bevorteilt, stellt sich die Frage,
ob entsprechend des garantierten
Gleichbehandlungsgrundsatzes des Grundgesetzes, auch die
restlichen Anlieger Anspruch auf "Bevorteilung" haben.
2.
fehlerhafte Bescheidung:
Stellt sich die Bescheidung insgesamt als fehlerhaft und
unwirksam dar, wäre die gesamte Bescheidung aufzuheben.
Da aber
der Anteil der Bescheide deren Anlieger nicht am Klageverfahren
teilnehmen mittlerweile rechtskräftig ist, stößt eine
"neue" Bescheidung evtl. auf Hindernisse -denn schließlich
sind alle anderen Teilnehmer bereits abgerechnet und können
nicht erneut belastet/entlastet werden.
Eine
neue Bescheidung wäre demnach unmöglich.
3.
Kostenverteilung:
Nach dem
KAG und der Gemo sind grundsätzlich nur die Kosten durch den
Anlieger erstattungspflichtig, welche "nicht durch
anderweitige Mittel" gedeckt sind.
Diese Grenze wurde gezogen, um eine Ausuferung der Kosten für
die BürgerInnen zu verhindern, mindestens aber einzuschränken.
Durch
die Praxis und die Rechtsprechung wurde diese "Grenze"
mittlerweile faktisch ausgehebelt. So werden Altanlagen als
wertlos erklärt, Neuanlagen alsbald verschenkt, Rücklagen für
Reparaturen und Instandsetzungen nach "Neubau"
verjubelt, weil die Altanlage nicht mehr existent ist.
Die
VG-Manderscheid ist hier erschreckendes Vorbild -mit ihren
Verbandsgemeindewerken.
Was
bedeutet anderweitige Mittel in Bezug auf die Kostenverteilung?
Z.B. wenn private Grundstücke durch die Gemeinde
"bevorteilt" wurden, die Gemeinde einigen Anliegern
die Rechnung "erlassen" hat und selbst bezahlt hat,
dann verfügte die Gemeinde über anderweitige Mittel.
In
diesem Fall hätten der Gemeinde (zusätzliche) finanzielle Mittel in der Höhe
zur Verfügung gestanden, die für die Bezahlung der privaten,
bevorteilten Grundstücksbeiträge notwendig waren.
Diese Mittel sind also vorhanden gewesen -und wenn die Mittel
vorhanden waren, hat die Gemeinschaft der beitragspflichtigen
Anlieger einen Gesamtanspruch, exakt diese Mittel angerechnet zu
bekommen.
In
der Konsequenz erhöht sich demnach der Gemeindeanteil -um diese
o.a. Mittelzuführung aus privater Bevorteilung der Gemeinde.
Und schon sind wir in der Problematik wieder bei Punkt 2.
Zurück zur mündlichen
Verhandlung:
Leider
wurde in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.11 aus Sicht der
KlägerInnen und der am Thema beteiligten BesucherInnen kaum
etwas verhandelt und nur in geringem Umfang die Sachlage erörtert.
Die stattgefundene Erörterung beschränkte sich im Rahmen der
Oberverteilung der Grundstücke zur Beitragspflicht, welche
Grundstücke im Zusammenhang der geschlossenen Bebauung als
beitragspflichtig anzusehen sind.
Das
Gericht stellte in dem Termin gegenüber dem Kläger und dem
Beistand fest, daß es den Sachverhalt aus den Schriftsätzen
umfänglich zur Kenntnis genommen hat und es daher keiner
weiteren Vortragsbedarf gäbe -also auch keine Erörterung der
zahlreichen Argumente.
Der Kläger erhielt somit keine
Gelegenheit den schriftlichen Vortrag zu vertiefen.
So
wurde in der mündlichen Verhandlung weder Gehör zu dem
Sachvortrag, z.B.
-zur fehlenden Verbesserung als
Beitragsgrundlage statt vermeintlicher Luxusgestaltung
-dem
bilanzierend erfasst nachgewiesenem, gleichen finanziellen Wert der Anlage
sowohl vor als nach dem Ausbau (Nachweis der fehlenden
Verbesserung)
-der identischen Restlauf-/Nutzungszeiten der Anlagen vor und
nach dem Ausbau
-dem einwandfreien Zustand vor dem Ausbau
-nicht
nachvollziehbaren Kostenrechnungen
-widersprüchlichen Bauumfangserfassungen
-mangelhaften Kostenermittlungen und
Gewerkszuordnungen
-fehlerhaften/unklaren Zuordnungen der
Kostenstellen
-dem kompletten
Verschenken der Anlage an das RWE
-der
Zweckentfremdung von Rücklagen
-der Ermittlung
des Gemeindeanteiles
gewährt.
Noch
war die Problematik der grundsätzlich zuzuordnenden
Kostenpflicht hinsichtlich Umfang und Verteilung auf die
Gemeinde Gegenstand der Verhandlung. Denn nur für die
Kostenanteile, für die der Gemeinde keine anderweitige
Kostendeckung zur Verfügung steht, ist -eine Beitragspflicht
unterstellt- der Anlieger beitragspflichtig.
Im
eingangs aufgeführten Beispiel haben Anlieger keinen Beitragsbescheid erhalten, obwohl
deren Grundstücke als beitragspflichtig erfasst wurden.´
Die
Gemeinde übernahm deren Kosten.
Lt.
Kommunalabgabengesetz müssen alle Gelder, die der Gemeinde für
einen beitragspflichtigen Ausbau zur Verfügung stehen,
kostenmindernd auf alle Anlieger eingesetzt werden. Übernimmt
die Gemeinde aber "Privatanteile von Anliegern", dann
müssen der Gemeinde Gelder zur Verfügung gestanden haben, auf die alle
Anlieger einen Anspruch haben. Nur wurden in einem solchen Fall diese Gelder
zweckentfremdet -zum Vorteil Weniger und zu Lasten Vieler.
Gerichte
erklären gerne pauschal, daß auch wenn andere Anlieger
unrechtmäßig bevorteilt wurden (Kostenübernahme), dieser
Anspruch nicht auf alle Anlieger übergeht. Begründung: kein
Recht im Unrecht.
Diese
Betrachtung widerspricht u.E. selbstverständlich dem
grundgesetzlich garantierten Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch widerspricht das Verhalten dem KAG (Kommunalabgabengesetz)
hinsichtlich des Verteilungsanspruches der Anlieger in Bezug der
Verwendung "anderweitig zur Verfügung stehender Mittel.
Dieser
Gedankengang sorgt bei den
Gerichten und den KRAs (Kreisrechtsausschüssen) für Unbehagen,
zumeist auch für eine kurzfristig sachliche Desorientierung,
gereicht der Vorstoß diese Gedanken doch evtl. zum Umbau der
bisherigen Rechtspraxis. Gefährlich revolutionär.
Wir
sehen an diesem Beispiel, wie wichtig eine Erörterung in einer
mündlichen Verhandlung ist.
Das
Stichwort "Transparenz" ist zwar gern im Munde unserer
Entscheidungsträger, ein Schelm ist jedoch wer dabei denkt, es
gehe den Entscheidungsträgern wohl nur um die totale
Offenbarung der BürgerInnen.
Die entscheidungsbefugten
FunktionsträgerInnen entziehen sich u.E. allzuoft der
geforderten Transparenz, der Erörterung, der Diskussion. Anders
sind Pauschalsätze in Urteilen kaum erklärlich.
Wenn
die KlägerInnen schon in einer mündlichen Verhandlung vom
Entscheidungsfindungsprozess ausgeschlossen werden und somit
keinen Zugang zur Meinungsfindung der Gerichte haben, dann ist
die Befürchtung des Verlustes der Rechte der Kläger begründet.
Stichwort
Transparenz:
Ein Verwaltungsgericht ist mit drei hautberuflichen Richtern und
zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt. Bei Kreisrechtsausschüssen
besteht die Besetzung aus einem hauptberuflichen Vorsitzenden
und zwei ehrenamtlichen Beisitzern. Alle Personen sind in der
Urteilsfindung gleichberechtigt, die Stimme eines
"Ehrenamtlichen" ist gleichwertig der Stimme eines
"Hauptberuflichen". Wer nun aber meint, daß alle Personen den
gleichen Informationsstand haben, zumindest den gleichen
Akteninhalt zur Kenntnis genommen haben, der irrt
gewaltig.
Tatsächlich
werden die "Ehrenamtlichen" nur insoweit essentiell informiert,
wie die "Hauptamtlichen Entscheidungsträger" dies für nötig erachten.
Ob die Information (noch dazu in der richterlichen
Zusammenfassung) für den Ehrenamtlichen ausreichend ist,
bestimmt in unserer Rechtsprechung aber nicht der
"Hauptamtliche", ebenso wenig wie es ein Anspruch auf
das Recht der Unfehlbarkeit gibt.
Nur
im mündlichen Verhandlungstermin hat der
"Ehrenamtliche" dann tatsächlich die Chance, den Sachverhalt aus Sicht
der Betroffenen zu erfahren, also unabhängig der
"Gerichtsmeinung".
Fällt die mündliche "Erörterung"
jedoch aus, sind
wesentliche Teile unseres Rechtssystemes beschädigt worden.
Aber
auch aus Sicht der "Ehrenamtlichen" kann die öffentliche
Wertschätzung dem Ehrenamt gegenüber,
die Wertschätzung ehrenamtlicher RichterInnen und anderer
EntscheidungsträgerInnen, unter Voraussetzung des o.a.
Beispieles kaum geringer ausfallen.
Es
spottet Hohn von einem "Ehrenamtlichen" ohne Erörterung, ohne
Kenntnis des Akteninhaltes zu verlangen, einen
komplexen Sachverhalt nach "eigener Wertschätzung"
zu bewerten und schließlich zu urteilen.
Der
"Ehrenamtliche" ist gehalten, aus dem "gesunden
Menschenverstand" heraus zu urteilen. Er steht
keinesfalls in Konkurrenz zu einem hauptberuflichen Juristen. Im
Gegenteil, der ehrenamtliche Richter ist der Aufgabe
verpflichtet, nach seinem Wissen und Gewissen, nach eigenem
Ermessen zu entscheiden.
Er bildet das Verbindungsglied zwischen
hauptamtlichen RichterInnen -oder Vorsitzenden der KRAs- und dem
"Volk", hier in Form der klagenden, widerspruchsführenden
Partei(e)n und der BesucherInnen, der Öffentlichkeit.
Diese
Aufgabe wiegt schwer, wird doch verlangt das menschliche Maß in
der Auslegung von Sachverhalten als wesentlichen Bestandteil der
Rechtsfindung zu bewahren.
Der Ehrenamtliche benötigt also vor allem Eines: Zivilcourage.
Zivilcourage gegenüber einer derartigen Rechtsfindungsstruktur,
die ihm als Entscheidungsträger mehr abfordert, als die
"Hauptberuflichen" Richter sich selbst zugestehen würden.
Da der Kläger selbst als Beisitzer tätig ist, weiß er, wovon
er redet.
Zumindest
in der jüngsten Vergangenheit beschleicht die BürgerInnen das
Gefühl, die
"Hauptberuflichen" müssen den Zustand der
Unfehlbarkeit und Allwissenheit bereits erreicht haben.
Unter diesem
Gesichtspunkt könnte man sich das gesamte Verfahren auch gleich
sparen....
Vertrauen
in unsere Gerichtsbarkeit wir damit nicht geschaffen.
Für
die Beteiligten KlägerInnen, aber auch für die
prozessbegleitenden BürgerInnen steht die Befürchtung im Raum,
keine umfänglich und dezidierten Entscheidungen seitens des
Gerichtes zu erhalten.
In einem früheren Verfahren führte dies aus Sicht der KlägerInnen
zu einem finanziellen Schaden in fünf-bis sechsstelliger Höhe.
Aufgrund
dieser Umstände wurde von den Klägernein enstprechender Schriftsatz an
das Gericht gereicht:
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